Bitte
von Hilde Domin
Wir werden eingetaucht
und mit den Wassern der Sintflut gewaschen
wir werden durchnässt
bis auf die Herzhaut
Der Wunsch nach der Landschaft
diesseits der Tränengrenze
taugt nicht
der Wunsch den Blütenfrühling zu halten
der Wunsch verschont zu bleiben
taugt nicht
Es taugt die Bitte
daß bei Sonnenaufgang die Taube
den Zweig vom Ölbaum bringe
daß die Frucht so bunt wie die Blume sei
daß noch die Blätter der Rose am Boden
eine leuchtende Krone bilden
und daß wir aus der Flut
daß wir aus der Löwengrube und dem feurigen Ofen
immer versehrter und immer heiler
stets von neuem
zu uns selbst
entlassen werden.
Aus: Hilde Domin, Sämtliche Gedichte, Frankfurt am Main 2016 (S. Fischer Verlag), S. 181f
Mit diesem Gedicht wünsche ich allen besinnliche Adventstage, eine lichtvolle Weihnachtszeit und ein inneren wie äußeren Frieden bringendes Neues Jahr!
Stephan Stockmar
Beiträge zum Beuys-Jahr 2021
Im Jahr des 100. Geburtstages von Joseph Beuys habe ich mich intensiv mit diesem Ausnahmekünstler beschäftigt und werde das auch weiterhin tun – siehe hier.
Hier meine bisherigen, meist veröffentlichten Texte zu Joseph Beuys:
Joseph Beuys als Raumkurator in Stuttgart
Joseph Beuys und Wilhelm Lehmbruck – zwei Ausstellungen
Volker Harlan: »Mit Beuys Evolution denken« – Buchbesprechung