Zitat des Monats – Dezember 2022

Jungfrau mit Kind, von Engeln umgeben. Book of Kells, Irland, um 800

Diese Nacht ist der Abend der großen Geburt,
Geboren ist der Sohn Mariens der Jungfrau.
Die Sohlen seiner Füße haben die Erde erreicht,
Der Sohn der Herrlichkeit kam herunter aus den Höhen,
Himmel und Erde erglühen für ihn …
Die Berge leuchten zu ihm,
Die Ebenen erglänzen für ihn,
Die Stimmen der Wellen mit dem Gesang des Strandes
Verkünden uns: Christ ist geboren!

Aus einem altkeltischen Weihnachtshymnus
Nach Alexander Carmichael: The Sun Dances, Edinburgh 1960
Übersetzung: Jakob Streit

Die Weltlage verdüstert sich zunehmend. Können wir da noch auf eine »große Geburt« hoffen? Sicherlich nicht in Form eines äußeren Ereignisses. Heute wird viel vom »ökologischen Fußabdruck« gesprochen, den der Mensch auf der Erde hinterlässt, sie zerstörend. Heißt dies, dass wir unsere Füße von der Erde lösen müssen, um sie zu erhalten, uns in digitale – transhumanistische – Welten flüchtend? Oder vielleicht gerade das Gegenteil: uns als geistfähige Individuen auf neue Weise mit der Erde zu verbinden, sie wieder sinnlich unter unseren Füßen spürend?

Vielleicht wird die Erde, wenn viele Einzelne die »große Geburt« in sich selbst geschehen lassen, das Wesen Erde wieder erglühen, nun von innen her – vor Freude, dass der Mensch den Sohn in sich aufnimmt. Vielleicht gelingt es uns gemeinsam, solchen Hoffnungen nicht nur Flügel, sondern auch konkrete Füße zu verleihen!

Ein gesegnetes Fest der Geburt und auf ein gutes Neues Jahr!

Stephan Stockmar

 

Beiträge zu Joseph Beuys hier.

Neuerscheinung – siehe hier.